Wandern wird olympisch
Wandern wird olympisch
Wir hoffen, Sie haben sich am 1.4.2024 einen Moment gefragt, ob Wandern tatsächlich zur olympischen Disziplin avanciert. April, April! Auch wenn wir gerne sehen würden, wie unsere passionierten Wanderinnen und Wanderer die olympischen Podien in Paris erklimmen, bleibt es (vorerst!) ein Traum. Ein herzliches Dankeschön an Swiss Olympic und Pascal Bourquin fürs Mitmachen!
Ein langer Weg zum Ziel
Dass Wandern den olympischen Idealen wie gegenseitigem Respekt, Chancengleichheit oder Völkerverständigung
entspricht, sieht auch Swiss-Olympic-Direktor Roger Schnegg so: «Auf Impuls der
Schweizer Wanderwege hin haben wir bereits das OK der Sommerspiele 2021 versucht davon zu
überzeugen, Wandern als neue Disziplin anzuerkennen und in Tokio vorzustellen.» Der Verband
Swiss Olympic wird die Sportart international vertreten und dient dem Internationalen Olympischen
Komitee (IOK) als offizieller Ansprechpartner. Doch die Schweizer Initianten mussten sich vorerst gedulden.
Roger Schnegg begründet: «Der Aufnahmeprozess ist langwierig, damals hat es zeitlich nicht
gereicht. Durch die Coronapandemie gab es seinerzeit zudem andere Prioritäten.» Erst vor Kurzem
erhielt Swiss Olympic die Bestätigung des IOK, dass die beliebte Breitensportart im Sommer 2024 in
Paris offiziell als neue Disziplin vorgeschlagen wird. Eine derart kurzfristige Zusage ist selten. Das Potenzial
für die Förderung eines nachhaltigen Tourismus und die Unterstützung der lokalen Wirtschaft
dürfte Frankreich jedoch entgegenkommen. Roger Schnegg vermutet ausserdem einen Grund in der
Popularität und im bedeutungsvollen Image des Wanderns: «Wandern verbindet Menschen und setzt
so ein hoffnungsvolles Zeichen. Dass der Aktivität die Gratwanderung zwischen kompetitivem Wettkampf
und geselligem Miteinander gelingt, macht sie bei der breiten Masse umso attraktiver.»
Wandernde messen sich in drei Kategorien
Bevor eine neue Disziplin langfristig in den Wettkampfkatalog aufgenommen wird, wird ihre Durchführbarkeit
in einem Demonstrationswettbewerb getestet. Die leistungsorientierten Wanderinnen und
Wanderer sollen ihre Fähigkeiten künftig in drei Kategorien messen können: Auf der Kurzstrecke
wandern die Athletinnen und Athleten auf 20 Kilometern auf mehrheitlich flachem Untergrund. In der Mittelstrecke-Kategorie erwarten sie 50 Kilometer Wanderwege in anspruchsvollem Gelände und
Höhenunterschiede von bis zu 1000 Metern. Wer sich der Langstrecke stellt, muss sich auf einer
100 Kilometer langen Route beweisen, die mit technisch anspruchsvollen Wegen, Steigungen von
über 1000 Höhenmetern und unterschiedlichen Geländearten fordert. Die Bewertung erfolgt auf Basis
der schnellsten Wanderzeit. Für jede Kategorie gilt ein vordefiniertes Zeitlimit. Während eine GPSNavigation,
ein Erste-Hilfe-Set und eine Wasserversorgung von mindestens einem Liter zwingend
vorgeschrieben sind, sind Wanderstöcke als Hilfsmittel nur in der Mittel- und Langstrecke gestattet.
Disqualifiziert wird, wer rennt und den Boden nicht ständig mit mindestens einem Fuss berührt, sich
nicht an die vorgeschriebene Ausrüstung hält oder auf einer vom festgelegten Wanderweg abweichenden
Route wandert. Kontrollposten und medizinische Checkpoints entlang der Strecke gewährleisten
die Einhaltung der Regeln und die Sicherheit der Teilnehmenden. Zum Turnier zugelassen
sind männliche, weibliche und diverse Wettläuferinnen und Wettläufer sowie gemischte Teams.
- Drei Kategorien: Kurzstrecke (20 km, flach), Mittelstrecke (50 km, < 1000 m Höhenunterschied) und Langstrecke (100 km, > 1000 m Höhenunterschied)
- Bewertung: Erfolgt auf Basis der schnellsten Wanderzeit; für jede Kategorie gibt es ein festgelegtes Zeitlimit.
- Ausrüstungsvorschriften: GPS-Navigation, Erste-Hilfe-Set und mindestens ein Liter Wasserversorgung sind obligatorisch; Wanderstöcke sind nur in der Mittel- und Langstrecke erlaubt.
Wandernation Schweiz in der Favoritenrolle
Bis das Olympische Feuer in Paris angezündet wird, dauert es nur noch wenige Monate. Die kurzfristige
Organisation des Wanderwettbewerbs läuft bereits auf Hochtouren. Der Naturschutz soll darunter
allerdings nicht leiden. Michael Roschi erläutert: «Die Athletinnen und Athleten wandern ausschliesslich
auf bereits bestehenden Wanderwegen, es werden keine neuen Pfade gelegt. Die Wettkampfrouten
führen zudem nicht durch Natur- oder Wildschutzgebiete. Eine Equipe Freiwilliger
sorgt dafür, dass die gesamte Strecke nach der Veranstaltung von allfälligen Verschmutzungen befreit
wird.» Auch die Sportlerinnen und Sportler befinden sich bereits im intensiven Training. Als Wandernation
hat die Schweiz gute Chancen auf einen Podestplatz. «Wir können aus einem Pool von über
vier Millionen Wanderinnen und Wanderer schöpfen. Auch dank der tief verankerten Wandertradition
haben sich über die Jahre viele Topkandidatinnen und -kandidaten entwickelt», freut sich Michael
Roschi. Zu den Favoriten gehört der Jurassier Pascal Bourquin. Der Extremwanderer hat sich
mit seinem Projekt «La vie en jaune» zum Ziel gesetzt, alle rund 66 000 Kilometer Wanderwege in der
Schweiz innert 28 Jahren abzuwandern. Die 40 Prozent, die er davon bereits unter die Füsse gebracht
hat, haben ihn bestens auf seine neuste Herausforderung vorbereitet: «Ich freue mich, dass ich meine
langjährige Erfahrung endlich auch unter Wettkampfbedingungen testen kann und im Juli nach Paris
reisen werde. Wer weiss, vielleicht wandere ich auch dahin», lacht der sympathische Romand.
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