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Flammender Wald in Liechtenstein

Auf dieser Wanderung geniesst man einen feurigen Herbstwald, kommt an der Walsersiedlung Guscha vorbei und bewegt sich auf den Spuren einer Sage.
06.09.2024 • Text und Bilder: Rémy Kappeler
Im Bannwald oberhalb Balzers und der Burg Gutenberg.
Feurige Herbstwanderung in Liechtenstein mit Aussicht aufs Rheintal
Fläsch — Balzers, St. Katrinabrunna • GR

Feurige Herbstwanderung in Liechtenstein mit Aussicht aufs Rheintal

Der flammende Wald auf dieser Wanderung brennt nicht wirklich, ausser im Herbst natürlich, da scheinen die Baumkronen in den schönsten Orange- und Gelbtönen. Doch weit hergeholt ist der Titel nicht. 1985 brannte es auf der Anhöhe zwischen St. Luzisteig und Balzers lichterloh. Es war der grösste Waldbrand in Liechtensteins Geschichte – entfacht vom Schweizer Militär. Dieses führte auf dem Waffenplatz von St. Luzisteig eine Schiessübung durch, der Föhn blies stark und nahm die Funken auf. Erst in der Nacht auf den nächsten Tag konnte der Brand des Guschawaldes gelöscht werden. Er hatte sich bis 30 Meter vor Balzers ausgebreitet. Diese Bergwanderung führt durch das ehemalige Brandgebiet. Weil der Wind hier schon ab und zu ziemlich bläst, lohnen sich gute Kleider. Von Fläsch aus wandert man durch den Steigwald auf sacht ansteigendem Weg nach St. Luzisteig. Geschichtsinteressierte besuchen dort das Militärmuseum, dann geht es ziemlich steil und kurvig auf einem Kiessträsschen aufwärts. Beim Guschaturm gibt es eine kleine Pause, auf den Turm hinauf kann man aber nicht. Nach 400 Höhenmetern erreicht man die ehemalige Walsersiedlung Guscha. Im Sommer ist die dortige Beiz an den Wochenenden bedient, ansonsten gibt es eine hübsche Besenbeiz. Der Abstieg ist technisch interessanter und anspruchsvoller und verläuft auf einem schmalen Bergwanderweg. Die erste Viertelstunde führt quer durch einen Steilhang, Seile helfen auf einem kurzen, aber besonders abschüssigen Teil. Das Guschatobel ist imposant, ebenso der junge, aber dennoch wilde Wald. Auf 753 Metern Höhe betritt man Liechtenstein, was optisch allerdings nicht erkennbar ist. Die Wanderung endet schliesslich bei St. Katharinenbrunnen mit seinem Naturschutzgebiet und einer natürlichen Schichtquelle. Balzers ist nun nicht mehr weit entfernt.

Da möchte ich hin

Der Guschawald oberhalb Balzers ist im späten Herbst wunderschön orange und gelb gefärbt – wie ein Flammenmeer. Es erinnert unfreiwillig an das Jahr 1985, als der Wald lichterloh brannte. Pikant an der Sache: Den Brand ausgelöst hatte das Schweizer Militär. Dieses führte am 5. Dezember auf dem Waffenplatz St. Luzisteig eine Schiessübung durch. Am Nachmittag stieg plötzlich Rauch auf, das Unglück nahm seinen Lauf. Hunderte von Feuerwehrleuten und Soldaten kämpften gegen die Brunst, die erst am frühen Morgen des 6. Dezember gelöscht werden konnte: Der Brand war bereits bis auf 30 Meter an Balzers herangerückt.

Das Feuer zerstörte rund 115 Hektaren Fichten- und Föhrenwald – eine Fläche von 160 Fussballfeldern. Zudem stellte der Brand die Beziehung zwischen den zwei Ländern auf die Probe: Die Wut im Fürstentum war gross, weil das Militär trotz des Föhnsturms ihre Schiessübung durchgeführt und damit die langjährigen Bedenken der Liechtensteiner ignoriert hatte. So schickte das Ländle eine Protestnote, worauf der damalige Aussenminister, Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz, fünf Tage später Vaduz einen Besuch abstattete. Das Ereignis ging als grösste Brandkatastrophe Liechtensteins in die Geschichte ein.

Wer heute durch den Guschawald wandert, sieht einen wilden, wunderschönen Wald. Es ist ein junger Wald, bis 2015 hat die Schweiz hier 220 000 Bäume gepflanzt und damit den Bannwald wieder aufgeforstet.

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