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Wanderregionen ABO

Die Bahn, die den Gipfel nie erreichte

50 Jahre lang wurde an einer Bahn auf den Säntis geplant. Gebaut wurde sie nie. Geblieben ist die Bahnlinie von Appenzell nach Wasserauen, und die Erinnerung an die Säntisträger, die unter Einsatz von Leib und Leben Waren auf den 2502 Meter hohen Berg getragen haben.
06.09.2024 • Text: Daniel Fleuti, Titelbild: Landesarchiv AI
Über Jahre versorgten Träger das Gasthaus und die Wetterstation auf dem Säntis – bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit.
Steile Wanderung durch die Bogartenlücke auf der ruhigen Seite des Alpsteins
Wasserauen — Brülisau • AI

Steile Wanderung durch die Bogartenlücke auf der ruhigen Seite des Alpsteins

Der Alpstein im Appenzellerland gehört zu den am stärksten frequentierten Tourismusregionen der Schweiz. Insbesondere der mächtige, 2502 Meter hohe Säntis zieht Ausflügler und Wandernde in Scharen an, und das nicht erst seit heute. 1846 öffnete das erste Gasthaus auf dem Gipfel, 40 Jahre später entstanden Pläne für eine Bahn auf den Säntis. Sie hätte von Appenzell über Wasserauen, die Seealp und die Meglisalp bis auf den Gipfel führen sollen – doch aus Finanzierungsgründen wurde sie nie gebaut. Schätzt man es ruhiger, wählt man für seine Wanderung eine Route, welche die gut 20 Bergbeizli weitgehend umgeht. Die Tour über die Bogartenlücke ist so eine. Und sie hat es in sich. Der Weg ist über weite Strecken ausgesprochen steil und kräftezehrend, aber nirgends ausgesetzt. Belohnt wird man mit viel urtümlicher Natur und mit fantastischen Ausblicken auf die Höhepunkte im Alpstein. Das wildromantische Hüttentobel mit seinen Schluchten und Wasserfällen macht den Anfang. Bei Klein-Hütten ist man warmgelaufen, ab jetzt gehts schnurstracks bergauf. Die Bogartenlücke ist als enger Durchschlupf zwischen Alp Sigel und Marwees auszumachen, ihr Wahrzeichen ist der grosse Fels, der an einen von Obelix’ Hinkelsteinen erinnert. Blickt man talwärts, schweift der Blick über das Appenzellerland bis zum Bodensee und zum Allgäu. Dreht man den Kopf etwas zurück, lacht einem der Säntis entgegen. Auf dem schmalen Pass ist Mittagsrast angesagt, mit Aussicht auf den Hohen Kasten und den langen Grat, der sich bis zur Saxerlücke zieht. Ein Blick Richtung Talboden zum Rheintaler Sämtis macht klar: Jetzt sind die Knie gefordert. Zwischen imposanten Felswänden fliegt man fast in die Tiefe, unten angekommen nimmt einen der Sämtiserbach mit auf den gemütlichen Teil der Tour bis zum tiefblauen Sämtisersee. Im Gasthaus Plattenbödeli sollte man sich nochmals stärken oder zumindest einen feinen Käse der umliegenden Alpen kaufen, denn der Schluss der Tour, das steile Brüeltobel und das Asphaltsträsschen nach Brülisau, fordert nochmals Kraft.

Da möchte ich hin

«Wasserauen, Endstation. Die Appenzeller Bahnen bitten Sie auszusteigen und verabschieden sich von Ihnen.» Das war mal anders gedacht. Wo heute scharenweise Wandernde den Zug verlassen und sich auf den Weg machen ins Herz des Alpsteins, da hätten einst Touristen aus aller Welt umsteigen sollen, um bequem per Bahn den 2502 Meter hohen Säntisgipfel zu erreichen. Die Bahn auf den Säntis. An keinem anderen Schweizer Bergbahnprojekt wurde so lange und intensiv herumgebastelt. 50 Jahre lang – ohne Erfolg. Ab Wasserauen, dem letzten Weiler am Eingang zum Alpstein, geht es nur zu Fuss weiter, oder mit der Gondel auf die nahe gelegene Ebenalp. Der Säntis, die felsige Trutzburg, blickt erhaben und scheinbar unerreichbar auf die Wanderschar herab. Wer ihn besteigen will, das wird bei seinem Anblick klar, braucht Ausdauer, Kraft, sicheren Tritt, Schwindelfreiheit und eine Portion Mut.

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